Was man von hier aus sehen kann (Mariana Leky)

Skurriler Roman mit Tiefgang

Ein ungewöhnliches Titelbild mit einem seltsamen Titel brachte mich dazu, dieses Buch zu lesen.

Beschreibung des Buches:
Das Buch „Was man von hier aus sehen kann“ von Mariana Leky ist 2017 im Dumont-Verlag als Hardcover Buch mit 315 Seiten erschienen. Das Titelbild ist hell gehalten, man sieht ein Okapi auf einem Apfelbaum-Blatt (mit Aussicht). Der Titel nimmt fast die Hälfte der Buchseite ein.

Kurze Zusammenfassung:
Selma lebt in einem kleinen Dorf im Westerwald. Immer wenn sie von einem Okapi träumt, stirbt in den nächsten 24 Stunden ein Mensch (aus dem Dorf). Die Dorfbewohner entwickeln an solchen Tagen immer eine gewisse Emsigkeit. Sie bringen Dinge in Ordnung, lassen Sachen verschwinden, denken über die Liebe nach, wagen Neues uvm.

Mein Leseeindruck:
Die Geschichte ist aus der Sicht von Luise, Selmas Enkelin, erzählt. Der Roman umfasst mehrere Jahre noch vor der Jahrtausendwende (2000) und später. Smartphones gibt es noch nicht, die Kommunikation läuft über Briefe und Festnetztelefonate und natürlich über das gesprochene Wort.

Luise beschreibt die vielen verschiedenen Persönlichkeiten durch ihre Brille. Die Erzählweise ist an manchen Stellen recht skurril und sehr humorvoll. Die einzelnen Protagonisten sind u.a. ihr Vater, der ein Weltenreisender geworden ist, die Mutter, die sich in einen Dorfbewohner verliebt hat, ein Optiker (mit einem Koffer voller angefangener Liebesbriefe), ein Buchhändler (in dessen Buchhandlung Luise lernt und arbeitet), Tante, Onkel, Luises Jugendfreund Martin, ein junger Mönch (in den sich Luise nicht, oder vielleicht doch verliebt) und die unterschiedlichsten Dorfbewohner. Einer seltsamer als der andere.

Ich habe dieses Buch an zwei Tagen regelrecht verschlungen, wollte immer wissen, wie es in dieser doch so engen Dorfgemeinschaft weitergeht. Die Handlungen sind zwar auf der einen Seite sehr alltäglich, sind aber durch die Sichtweise und die Erzählsprache (kurze und knappe Sätze) immer wieder etwas Besonderes.

Jede einzelne Person mit ihren Marotten wächst einem beim Lesen ans Herz, man mag die Person, gerade weil sie so etwas Besonderes ist. Bei manchen fühlt man, wie als sei man zuhause im eigenen Wohnzimmer (oder in dem der Eltern).

Der Roman berührt, weil er so „ehrlich“ mit der Realität umgeht. Die Geschichten um die Menschen sind sehr tiefgründig. Es geht um Liebe und Tod, aber auch um Verletzlichkeit.

Fazit:
Auch wenn der Roman an manchen Stellen recht traurig ist, man sollte sich auf diese ganz ungewöhnliche Geschichten einlassen.

Bewertung: *****

 

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Das andere Du (Rudolf Bussmann)

Der Mensch hinter der E-Mail

20161031-0317

Auf der Frankfurter Buchmesse bin ich auf dieses Buch aufmerksam geworden. Ein Roman über zwei Menschen, die sich über E-Mails einander näher kommen.

Beschreibung des Buches:
„Das andere Du“ von Rudolf Bussmann ist 2016 als Hardcover in der Edition Bücherlese erschienen. Das Titelbild ist abstrakt gehalten, schwarze und orange Streifen auf denen zwei einzelne in schwarz gemalte Personen, die fallen, zu erkennen sind.

Kurze Zusammenfassung:
Zwei Menschen korrespondieren über E-Mails miteinander. Sie sind sich noch nie real begegnet. Nach und nach erzählen sie sich mehr voneinander, lassen den einen in das Leben des anderen schauen und eintauchen. Ein Treffen scheitert. Danach ist nichts mehr wie es war. Das Vertrauen zueinander schwindet.

Mein Leseeindruck:
Das Buch ist in Kapitel aufgeteilt, die den wechselseitigen Mailverkehr der beiden Protagonisten fortlaufend wiedergeben. Manchmal ist es schwierig zu erkennen, wer von den beiden gerade „schreibt“, denn die Kapitel sind lediglich durch ein „@“ voneinander getrennt.

Von der ersten Seite an hat mich das Buch gefesselt.  Im fortlaufenden „Gespräch“ zieht es einen immer tiefer in die unterschiedlichen Lebenssituationen der zwei Menschen hinein. Jeder gibt mehr und mehr von sich preis. Die Spannung steigt, wie wird ein Zusammentreffen von Menschen, die sich nur über einen Schriftverkehr kennen, ablaufen? Die Situation spitzt sich zu als es zum ersten geplante Zusammentreffen kommen soll. Hier ist die Spannung fast kaum zu überbieten.

Die Sprache der beiden ist sehr bildhaft. Sie erzählen aus ihrem Leben, ob es die Wahrheit ist oder Lüge, lässt sich nicht immer erkennen. So vertrauen sie sich auch untereinander nicht ganz, sind misstrauisch. Im Verlauf des Buches werden die Mails immer eindringlicher. Der eine kann ohne das „Gespräch“ mit dem anderen nicht sein…

Wer ist das andere Du? Das stellt sich einem beim Lesen ununterbrochen. Teils wird es aufgedeckt, teils muss man es sich herauslesen.

Wie weit kann eine Freundschaft/Liebe über den reinen E-Mail-Verkehr bestand haben. Ist sie intensiver als das persönliche Gespräch?  Versteckt man sich hinter einer Maske oder ist man ehrlicher, weil man keine direkte Konfrontation erwarten kann? Das Buch lässt einen nachdenklich werden.

Fazit:
Ein Buch in das man hineintauchen kann. Es lässt einen nicht mehr los.

Bewertung: ****