Der Markisenmann (Jan Weiler)

Ein Sommer mit Vater

Ich habe nicht alle Bücher von Jan Weiler gelesen, aber die, die ich gelesen habe waren eher lustig. Dieses Buch ist anders…

Beschreibung des Buches:
Der Roman „Der Markisenmann“ von Jan Weiler ist im HEYNE-Verlag 2022 als Hardcover erschienen. Das Buch hat 333 Seiten, es ist mit einem Muster aus den 1970er Jahren (Orange/Braun) versehen. Auf einen Schutzumschlag wurde verzichtet. Lediglich eine grüne Banderole mit dem Titeltext ziert das Cover des Buches.  

Kurze Zusammenfassung:
Kim, fast 16 Jahre (2005), muss ihre 6wöchigen Ferien bei ihrem Vater in Duisburg in einer Fabrikhalle verbringen. Sie hat den Vater vorher noch nie gesehen. Während ihres Aufenthaltes lernt sie den Vater näher kennen. Sie begleitet ihn auf seinen Markisen-Verkaufstouren…

Mein Leseeindruck:
Mich hat dieses Buch sehr berührt. Eine Frau, jetzt 32 Jahre alt, erzählt von ihren Erlebnissen mit ihrem leiblichen Vater, den sie 16 Jahre zuvor im Jahr 2005 während eines Ferienaufenthaltes erst richtig kennenlernt.

Es ist ein sehr berührendes, einfühlsames Buch. Zunächst erfährt man, dass Kim bei einem Grillfest ihren Stiefbruder durch eine unüberlegte Handlung Brandwunden in Gesicht und Oberkörper zufügt. Die Eltern (Mutter und Stiefvater) nehmen sie deshalb in den Sommerferien nicht auf ihre Urlaubsreise in die USA mit. Sie muss zu ihrem Vater, den sie überhaupt nicht kennt.

Es dauert, bis sie sich an die neue Situation gewöhnt. Doch langsam kommen sich die beiden näher. Es folgen viele Gespräche und Kim erfährt endlich, wie es zur Trennung ihrer Eltern gekommen ist.

Beim Lesen dieses Romans kommen einem die eigenen Erinnerungen zurück, sei es aus den Jahren der Wende, des Mauerfalls als auch besondere Geschehnisse um das Jahr 2005 herum.

Auch wenn Kim mit einer eher gefühlskalten Mutter aufgewachsen ist, so findet sie doch eine gewisse Zuneigung zu ihrem Vater. Sie unterstützt ihn mit neuen Ideen bei seinen Vertreterbesuchen, weil er ihr Leid tut. Allein wenn man sich die Markisenmuster (orange/braun gestreift bzw. blau/grün gestreift) vorstellt, kann man sich denken, dass der Verkaufserfolg nicht gerade groß gewesen sein kann.

Bei den täglichen Vertreterbesuchen hören die beiden gerne Musik. Da sie allerdings sehr unterschiedliche Musikrichtungen bevorzugen, gibt es hier des Öfteren kleine Streitigkeiten. Die Musiktitel findet man übrigens in einer Playlist bei Spotify. Das gefällt mir gut.

Während sich der Sommer zu Ende neigt, hat Kim dem Vater sein großes Geheimnis entlockt, warum er wirklich aus ihrem Leben kurz nach der Geburt verschwunden ist….

Fazit:
Ein einfühlsamer Roman, der die Geschehnisse um den Mauerfall aus der Sicht einer kleinen Familie beleuchtet. Mir hat dieses Buch ausgesprochen gut gefallen. Es ist aktuell mein Highlight des Jahres 2022 – sehr empfehlenswert!

Bewertung: ***** von *****

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Kühn hat zu tun (Jan Weiler)

Krimi mit vielen Nebenschauplätzen und -themen

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Von Jan Weiler habe ich schon mehrere Hörbücher gehört und Bücher gelesen. Alle Hörbücher haben mir ausgesprochen gut gefallen, allerdings handelte es sich da mehr um humoristische Geschichten. Jetzt habe ich mir diesen Krimi vom Autor selbst „vorlesen“ lassen.

Beschreibung des Hörbuches:
Jan Weiler liest seinen ersten Krimi. Das Hörbuch besteht aus 7 CD und ist 8 Stunden und 28 Minuten lang. Auf dem Titelbild sind auf blauem Hintergrund Gebäude zu sehen. Im Vordergrund läuft eine Person, die Feuerwerksraketen in rot/weiß, angeordnet wie ein Blumenstrauß, in den Himmel aufsteigen lässt. Das Titelbild lässt zunächst keinen Rückschluss auf einen Krimi zu.

Kurze Zusammenfassung:
Jan Weiler liest in seiner bekannten Art den Krimi vor. Kommissar Kühn wohnt mit seiner Familie in einer Neubausiedlung in der Nähe Münchens. Er hat ein recht konservatives Familienleben mit zwei Kindern und Frau. Der pubertierende Sohn macht ihm zu schaffen. Die Nachbarschaft ist skurril. Eines Tages wird ein Toter in der Siedlung, keine 30 Meter von seinem Garten entfernt, gefunden. Kühn muss sich auf die Aufklärung des Falles konzentrieren, dabei schweifen seine Gedanken ständig ab…

Mein Höreindruck:
Der Krimi beginnt mit einem Nebenschauplatz. Zunächst ist nicht klar, was die vermutliche Verseuchung der Bausiedlung, in der Kühn und seine Familie wohnen, mit einem Mordfall zu tun haben könnte. Jan Weiler berichtet von der Entstehung der Wohnsiedlung, er führt die verschiedenen Protagonisten nach und nach mit einer genauen Beschreibung ihrer Charaktere ein. Seine Beschreibungen sind detailliert, manchmal leicht überzogen, aber auch mit Ironie durchzogen, wie man das von seinen anderen Hörbüchern kennt. Seine Vortragsweise ist sehr angenehm, seine Ausdrucksweise sehr akzentuiert.
Im Laufe des Krimis stellt man fest, dass es hier weniger um die Aufklärung als um den Menschen Kühn mit seinem eher spießigen Leben, seinen verworrenen Gedankengängen, die oftmals Bilder der Vergangenheit hervorrufen, und seinem in Bürokratie gefangenem Arbeitsleben geht. Jan Weiler hat ein vielschichtiges Bild der Bewohner der Münchner Fantasiesiedlung gezeichnet. Die Vernehmungen der Mitbewohner zeigen ein Abbild der Gesellschaft mit all ihren Problemen, da wird der Tote zur Nebensache.

Ich habe das Hörbuch nur über mehrere Etappen hören können, dabei fiel es mir schwer, mich auf diesen Krimi einzulassen. Aus dem Zusammenhang gerissen, wirkt er eher wie ein gesellschaftskritischer Roman.

Fazit
Der Krimi, der nicht eindeutig nur ein Krimi ist, ist abwechslungsreich, mit Ironie gespickt, gesellschaftskritisch aber nicht unbedingt spannend. Wer hier also einen typischen Krimi erwartet hat, der wird enttäuscht sein. Ich fühlte mich alles in allem durch die Vortragsweise gut unterhalten.

Bewertung: ***

Mein neues Leben als Mensch (Jan Weiler)

Das Leben als Familienvater und als Schwiegersohn eines Italieners

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Jan Weiler ist Journalist und Autor. In dem vorliegenden Buch wurden seine Kolumnen aus verschiedenen Zeitschriften zusammengestellt und überarbeitet. Das Buch ist im Kindler-Verlag erschienen. Es umfasst 225 Seiten unterteilt in einzelne Kapitel, die teilweise von Larissa Bertonasco passend illustriert sind. Auf dem Titelbild ist ein gezeichneter Jan Weiler im Alltagschaos zu sehen.

In ca. 60 Kapiteln, die meist ca. 2-4 Seiten umfassen, beschreibt Jan Weiler in seiner bekannten Art, wie sein Leben mit seinen zwei Kindern, Nick und Carla, seiner Frau Sara und deren Vater Antonio so im tagtäglich abläuft. Die Geschichten lassen einen beim Lesen sehr schmunzeln, erkennt man doch ab und an seine eigenen kleinen Problemchen und Erlebnisse mit dem eigenen Nachwuchs.

Die Texte sind unterhaltsam geschrieben. Schwiegervater Antonio ist bereits bekannt geworden durch Jan Weilers Buch „Maria, ihm schmeckt’s nich“.

Die meisten Geschichten kommen sehr realistisch mit einem Augenzwinkern rüber. Jan Weiler gewährt den Leser Einblick in seinen Alltag. Seien es die Schulprobleme des Sohnes, der Liebeskummer der Tochter, der Tod des Hamsters oder die italienische Hochzeitsfeier eines Anverwandten. Keine noch so komische Situation wird ausgelassen. Auch sich selbst schont der Autor nicht, als er von einem Malheur beim Aussteigen aus der S-Bahn berichtet.

Fazit:
Ein kurzweiliges Buch, das ich an einem Tag bei strahlendem Sonnenschein auf der Sonnenliege genossen habe.

Bewertung: *****