Das Unrecht (Ellen Sandberg)

Wenn die Vergangenheit einen Menschen nicht loslässt

Mich hat der Klappentext bewogen dieses Buch zu lesen – und die Erfahrungen, dass mir bisher die Bücher von Ellen Sandberg alle sehr gut gefallen haben.

Beschreibung des Buches:
„Das Unrecht“ ist 2022 von Ellen Sandberg (Pseudonym der Münchner Autorin Inge Löhning) im Penguin-Verlag als Hardcover mit 414 Seiten erschienen. Das Titelbild ist recht düster gehalten. Man sieht einen Weg, der zu einem einsam stehenden Haus führt.

Kurze Zusammenfassung:
Annett ist in der ehemaligen DDR, in Wismar aufgewachsen. Jeden Herbst kommt ihr die Erinnerung an den Sommer 1988 hoch, in dem einer von fünf Freunden einen schlimmen Verrat begann. Diesen Herbst muss sie in ihre alte Heimat, um die Geschichte zu ergründen und um ihren Frieden zu finden. Gleichzeitig stellt sie ihre Ehe mit Volker nach 25 Jahren auf den Prüfstand.

Mein Leseeindruck:
Dieser Roman ist mit der Sicht auf Annett und ihren Mann Volker geschrieben, die beide in Bamberg leben. Zusätzlich gibt es Kapitel mit Rückblicken auf das Jahr 1988. Das stört aber keineswegs den Lesefluss, da die Kapitelüberschriften hier einen deutlichen Hinweis geben.

Ich mag den Schreibstil von Ellen Sandberg, hatte mich sehr schnell in diesen Roman eingelesen und konnte ihn kaum aus der Hand legen. Mich haben besonders die Beschreibungen der Ereignisse im Jahr 1988 in Wismar und hier ganz besonders die Erlebnisse im Gefängnis erschüttert. Eine solch intensive Beschreibung habe ich bisher noch in keinem Roman „erlebt“.

Spannung kommt in diesem Roman nicht zu kurz, er entwickelt sich im Laufe des Lesens zu einem Thriller. Die Veränderung von Volker, während er merkt, dass Annett ihm langsam „entgleitet“, macht ihn unberechenbar und von Seite zu Seite erwartet man weitere „Höhepunkte“ seiner sich immer mehr verfinsternden Art.

Wieder einmal ist es der Autorin gelungen, Liebe, Freundschaft, Schuld und deren Verarbeitung zu vereinen. So ist ein spannungsgeladener Roman entstanden.

Fazit:
Ein Roman mit geschichtlichen Rückblicken auf die Geschehnisse der DDR im Jahr 1988 und einer spannenden Entwicklung bis zum unerwarteten Ende.

Bewertung: ***** von *****

Werbung

Im Rausch des Aufruhrs (Christian Bommarius)

Vor 100 Jahren – die Weimarer Republik

Deutschland im Jahr 1923 – der Blick auf ein Jahr vor fast 100 Jahren hat mich neugierig gemacht.

Beschreibung des Buches:
„Im Rausch des Aufruhrs“ ist 2022 im dtv-Verlag als Hardcover mit 344 Seiten erschienen. Das Buch ist in Schwarz gehalten, man sieht auf dem Cover ein gemaltes tanzendes Paar.

Kurze Zusammenfassung:
In 12 Kapiteln werden die Ereignisse im Jahr 1923 chronologisch nach Monaten hier vorgestellt. Eingeleitet wird jedes Kapitel mit einer Fotoseite. Es folgt eine einseitige Zusammenfassung der Ereignisse im aktuellen Monat u.a. mit Nennung von Preisangaben (Inflation). Danach gibt es eine Beschreibung was sich im Bereich von Politik, Wirtschaft und Kultur zugetragen hat.

Im Anhang findet man ausführliche Quellenangaben und ein Stichwortregister.

Inspiriert zu diesem Buch wurde der Autor (Journalist und Jurist) Christian Bommarius durch die Bemerkung Stefan Zweig „Nichts hat das deutsche Volk …so erbittert, so hasswütig , so hitlerreif gemacht wie die Inflation“.

Mein Leseeindruck:
Es war schon sehr interessant dieses Buch zu lesen, das die Geschehnisse in Deutschland vor fast genau 100 Jahren zum Inhalt hat. Gewisse Parallelen tun sich hier schnell auf. Allein die damals galoppierende Inflation beeindruckt einen hier besonders negativ.

Das Buch ist absolut lesenswert. Der Schreibstil flüssig und die ausgewählten Ereignisse sind anschaulich beschrieben. Von manchen hat man sicherlich schon (aus dem Zusammenhang gerissen) gehört oder gelesen. Viele Begebenheiten waren für mich absolut neu, wobei ich von den beschriebenen Persönlichkeiten aber schon gehört und gelesen habe.

Das Buch vermittelt mit seinen zahlreichen Anekdoten sehr anschaulich das Leben in der Zeit der Weimarer Republik. Eine kleine Geschichtsstunde der anderen Art.

Fazit:
Auch wenn ich zunächst skeptisch war eine Art Geschichtsbuch abends im Bett zu lesen, so hat mich diese Art der Geschichtsvermittlung doch sehr angesprochen.

Bewertung: **** von *****

Der Buchspazierer (Carsten Sebastian Henn)

Fast wie ein Märchen – toll zum Zuhören

Der Titel dieses Hörbuches hat mich sofort angesprochen – Kurzbeschreibung gelesen – und schon musste ich es hören…

Beschreibung des Buches:
Der Buchspazierer“ von Carsten Sebastian Henn ist 2021 als Hörbuch (5 Stunden, 41 Minuten) im Hörbuch Hamburg HHV Verlag erschienen.

Kurze Zusammenfassung:
Carl Christian Kollhoff  bringt auf seinem Nachhauseweg von der Buchhandlung seinen Kunden die bestellten Bücher vorbei. Dabei läuft er durch die kleinen Gässchen des Ortes und hält so Kontakt zu den Menschen. Irgendwann begleitet ihn ein 9jähriges Mädchen. Doch dann verliert er seine Stellung im Buchladen – und seine Lebensaufgabe…

Mein Leseeindruck:
Ein ganz tolles Hörbuch. Ich habe es beim Kochen, Putzen und zum Schluss im Urlaub gehört. Die Stimme des Erzählers passt gut zu dieser märchenhaften Geschichte.

Die Kunden haben Namen aus den verschiedensten Klassikern, die man so kennt. Jede Person hat ihre eigene Geschichte und somit auch ihren ganz eigenen Bücherwunsch und Lesestil.

Das kleine Mädchen ist fasziniert von den Menschen und bringt sich deshalb ganz besonders mit ein. Carl ist zunächst nicht so begeistert, vermisst sie aber, als sie plötzlich nicht mehr auftaucht.

Die Geschichte ist ganz warmherzig geschrieben – und auch vorgetragen.

Wer Bücher liebt, der wird auch diese Geschichte lieben. Ich finde, dass gerade die Hörbuch-Variante das Märchenhafte ganz besonders transportiert.

Fazit:
Ein schönes Geschenk für Menschen, die Geschichten und Märchen lieben!

Bewertung: ***** von *****

Die Buchhändlerin (Ines Thorn)

Auftakt zu einer Reihe – Literaturleidenschaft

Da ich als Vielleserin regelmäßig in einer Buchhandlung aushelfe, auch wenn ich keine Buchhändlerin bin, hat mich dieser Titel sofort angesprochen.

Beschreibung des Buches:
„Die Buchhändlerin“ von Ines Thorn ist im rowohlt Verlag 2021 als Taschenbuch mit 336 Seiten erschienen. Ich habe die eBook-Variante gelesen.

Auf dem Titelbild sieht man eine junge Frau, die vor einer üppig gefüllten Buchhandlung steht.

Kurze Zusammenfassung:
Christa ist in Frankfurt am Main aufgewachsen. Hier lebt und führt sie die Buchhandlung ihres Onkels, obwohl sie lieber Germanistik studiert hätte. Sie wurde als Frau nicht zum Studium zugelassen. Es ist kurz nach dem 2. Weltkrieg, die Buchhandlung wurde zuvor von den Nationalsozialisten enteignet. Nach den schrecklichen Ereignissen des 2. Weltkriegs ist die Nachfrage an Büchern groß. Doch Christa sieht ihre Zukunft nicht in der Buchhandlung…

Mein Leseeindruck:
Dieses Buch hat mich während meiner Urlaubstage gefesselt. Es bietet einen großartigen Einblick in die 1940er Jahre, hier in Frankfurt am Main, meiner Lieblingsstadt.

Christas Familie steht im Mittelpunkt, der im Krieg vermisste Vater, der Onkel, der Männer liebt, Heinz, ein Waisenjunge, den Christa unter ihre Fittiche nimmt – eine Familie, die in allen Bereichen durch den Krieg gebeutelt wurde und eine junge Frau, die ihr Glück sucht.

Der Fokus ist auf Christa gerichtet – ihre Gedanken, Wünsche und Sehnsüchte beschreibt die Autorin sehr gefühlvoll.

Die Atmosphäre in der Stadt, die Zerstörung, der Einzug der Amerikaner, all das wird hier angesprochen, war mir teilweise nicht (für Frankfurt) bekannt.

Die Autorin gibt hier einen groben Überblick über die Geschehnisse kurz vor Kriegsende und die ersten Jahre danach. Einiges ist nur angesprochen, wird aber nicht vertieft.

Ein besonderer Aspekt in diesem Buch ist natürlich das Verlagswesen und die Literatur. Hier bekommt man einen guten Einblick.

Das zweite große Thema ist die Stellung der Frau in der Gesellschaft. Christas Mutter würde die Tochter lieber heute als morgen verheiraten. Sie schickt sie sogar auf eine Haushaltsschule, obwohl Christa Literatur studieren möchte. So versucht Christa beidem gerecht zu werden – ihrer Mutter und ihren eigenen Wünschen, was leider nicht immer gelingt…

Fazit:
Das ist ein Buch für Frankfurt- und Literaturliebhaber. Auf den nächsten Teil dieser Reihe freue ich mich schon jetzt.

Bewertung: **** von *****

Dich hat der Esel im Galopp verloren (Ellen Schwiers mit Marte von Have)

Erinnerungen einer großen Theater- und Filmschauspielerin – Blick hinter die Kulissen

Mit Theater verbinde ich Freude, Lehre, Unterhaltung und Austausch bei Gesprächen nach dem Besuch eines Theaterstücks. Seit mehr als 35 Jahren habe ich ein Theaterabonnement und schon viele interessante Aufführungen gesehen, Ellen Schwiers leider nie live erleben können.

Beschreibung des Buches:
Die Lebenserinnerung „Dich hat der Esel im Galopp verloren“ von Ellen Schwiers ist im Verlag „neues leben“ 2019 als Hardcover erschienen. Das Buch hat 255 Seiten. Auf dem Titelbild sieht man einen entspannt blickende Ellen Schwiers.

Kurze Zusammenfassung:
Ellen Schwiers erzählt in über 30 Kapiteln von ihrer Kindheit, den Eltern, Krieg und Flucht, Nachkriegszeit, Liebe, Theater- und Filmleben, Tourneen, Familie. Im Buch findet man auch zahlreiche Privatfotos der Schauspielerin. Die Biografie ist in Zusammenarbeit mit ihrer Nichte Marte von Have entstanden.

Mein Leseeindruck:
Mich hat diese Biografie sehr beeindruckt. Sie ist schonungslos, ehrlich und bewegend. Besonders das Kapitel über Ellen Schwiers Sohn Daniel, der mit Anfang 20 verstorben ist, ist mir sehr nahe gegangen.

Ellen Schwiers lässt uns ganz nahe in ihr Leben und das ihrer Familie blicken. Eine Theaterfamilie durch und durch. Geprägt vom Vater kann sie eigentlich nur Schauspielerin werden, hat sie doch schon in jungen Jahren das Theaterflair hautnah erlebt und lieben gelernt.

Auch wenn die Familie und mit ihr Ellen Schwiers während der Kriegsjahre und danach viele Entbehrungen auf sich nehmen musste, so blieb sie sich immer treu.

Beeindruckend finde ich auch die Beschreibungen der verschiedenen Filmdrehs und Theaterproben mit manchmal schwierigen Regisseuren, Intendanten oder Darstellern.

Diese Biografie lässt den Leser hinter die Kulissen des Theater- und Filmgeschäftes blicken, für einen Theaterfan, wie mich, ein toller Lese“genuss“.

Fazit:
Eine beeindruckende Frau und Schauspielerin, ein Blick hinter die Kulissen des Filmgeschäfts und Theater – und  – gelebte Geschichte. Sehr empfehlenswert!

Bewertung: ***** von *****

Eine Familie in Deutschland – Am Ende die Hoffnung (Peter Prange)

Fortsetzung von „Zeit zu hoffen, Zeit zu leben“

Schon den ersten Teil dieser 2teiligen Reihe habe ich mit großer Begeisterung gelesen. Jetzt war ich gespannt auf diesen 2. Band.

Beschreibung des Buches:
„Eine Familie in Deutschland: Am Ende die Hoffnung“ von Peter Prange ist im Scherz Verlag 2019 als Hardcover mit 808 Seiten erschienen.

Auf dem Titelbild sieht man ein Personen um einen blauen VW Käfer stehen. Das Bild wirkt leicht vergilbt. Es ist im Vintage-Stil.

Es handelt sich um den zweiten Band der Familiengeschichte um die Familie Ising, die in Fallersleben, einem Stadtteil von Wolfsburg, lebt.

Kurze Zusammenfassung:
Peter Prange erzählt in diesem Roman die Geschichte der Familie Ising in den Kriegsjahren 1939-1945 im Wolfsburger Land (hier in der Stadt Fallersleben, damals noch eine eigenständige Gemeinde). Die Familie Ising hat sich in Deutschland und auch in Europa verstreut niedergelassen: Sohn Horst lebt für die Partei, seine Schwester Edda  ist gemeinsam mit der Filmproduzentin Leni R. unterwegs, um Propaganda Filme zu drehen. Der Bruder Georg reist als VW Testfahrer durch die Welt und die Schwester Charlotte arbeitet ohne Unterlass in der Klinik, während sie sich große Sorgen um ihre Liebe Benny macht, der aus Deutschland fliehen musste, weil er jüdischer Abstammung ist. Der Krieg verändert ihrer aller Leben.

Mein Leseeindruck:
Ich hatte mit diesem dicken Wälzer ein sehr langes „Lesevergnügen“, obwohl ich bald jeden Tag ein paar Seiten gelesen habe, hat es doch fast 3 Wochen gedauert bis ich am Ende des Buches angelangt bin.

Mir waren die Charaktere schon vom ersten Band bekannt, aber im Innenteil der Buchdeckel erhält man eine gute Übersicht aller beteiligten Personen, das ist doch recht hilfreich.

Der Roman ist chronologisch aufgebaut (1939 – 1945). Die Schauplätze wechseln oft, trotzdem kommt man damit sehr gut klar. Sehr schnell erkennt man, von welchem der Geschwister das Kapitel gerade handelt.

Neben den Einzelschicksalen der Familienangehörigen der Familie Ising, gelingt es dem Autor die Gesamtsituation ganz Deutschlands als auch der Nachbarstaaten aufzuzeigen, da sich das Leben seiner Protagonisten z.B. durch Flucht oder Kriegseinsätze auch im Ausland abspielt.

Peter Pranges Beschreibungen sind sehr genau, manchmal auch sehr erschütternd. Sie machen betroffen, gerade wenn es um Szenen in den Konzentrationslagern, in Krankenhäusern oder an der Kriegsfront gehen. Da muss man das Buch doch das eine oder andere Mal zur Seite legen…

Durch die so unterschiedlichen Lebensweisen der Kinder der Familie Ising, schafft es Prange, einen Querschnitt der Bevölkerung Deutschlands in den Kriegsjahren aufzuzeigen.

Mich begeistert der Schreibstil Peter Pranges nach wie vor sehr. Er schafft es, dass man sich gänzlich in die Szenen hineinversetzt fühlt. Am Beispiel der Familie mit den so unterschiedlichen Geschwistern erhält man ein recht umfangreiches Bild der Gesellschaft in Deutschland während des 2. Weltkriegs.

Dieser Roman bietet eine Familiengeschichte, Spannung, eine Liebesgeschichte und ganz viele geschichtliche Elemente.

Fazit:
Auch dieser 2. Band um die Familie Ising hat mich überzeugt. Der Roman hat mich viele Tage in Bann gehalten – zum „zwischendurch Lesen“ ist er nicht geeignet.

Bewertung: ***** von *****

Bewegte Zeiten Frankfurt in den 1960er Jahren (Markus Häfner)

Verführt zu anregenden Gesprächen mit den Eltern – weckt Erinnerungen – zahlreiche Fotodokumente

Meine Mutter als auch mein Schwiegervater haben in den 1960er Jahren in Frankfurt gearbeitet. Als Kind der 1960er Jahre und gebürtige Frankfurterin bin ich schon ein Leben lang von dieser Stadt fasziniert, deshalb habe ich zu diesem Buch gegriffen.

Beschreibung des Buches:
„Bewegte Zeiten Frankfurt in den 1960er Jahren“ von Dr. Markus Häfner ist 2020 im Societäts-Verlag im Klappenbroschur-Format erschienen. Es handelt sich um einen Begleitband zur Ausstellung (04.02.2020 – 08.11.2020) im Institut für Stadtgeschichte Frankfurt am Main.

Das Buch hat 191 Seiten. Auf dem schwarz/weiß gehaltenen Titelfoto sieht man einen Sitzstreik junger Menschen vor einer Straßenbahn. Auf der Rückseite findet man ein farbiges Foto des Römers mit im Vordergrund geparkten (meist VW Käfer) Autos.

Kurze Zusammenfassung:
Die von Dr. Markus Häfner, Leiter der Abteilung Public Relations im Institut für Stadtgeschichte, zusammengestellten Fotos sind mit vielen erläuternden Texten versehen. Sie zeigen Fotos des politischen Alltags, des gesellschaftlichen Wandels, Bilder von Konsum und Wohnen, dem Frankfurter Wohnungs- und Bürobau, Gerichtsfotos, Bilder von Kundgebungen, Proteste am Flughafen, Verkehrsausbau und noch viel mehr interessantes Fotomaterial. Im Anhang befinden sich ein Kalendarium mit den wichtigsten Ereignissen der 1960er Jahre und die Quellen – hier findet man zudem noch farbige Fotos von Flyern, Zeitschriften, Plakaten.

Mein Leseeindruck:
Frankfurter Zeitgeschichte interessiert mich sehr, ganz besonders, weil ich seit mehreren Jahrzehnten in dieser Stadt arbeite und auch meine Mutter und mein Schwiegervater hier ihre Arbeitsstätte hatten.

Gerade mit älteren Menschen, macht es viel Freude, dieses Buch gemeinsam zu „entdecken“. Es weckt Erinnerungen und regt zum Erzählen an. Viele Fotos zeigen ursprüngliche Bauwerke, die den heutigen in den letzten Jahrzehnten gewichen sind. Aber auch so manches alte Gebäude findet man noch heute, weil es mittlerweile unter Denkmalschutz steht.

Neben Bildern von Studentenprotesten findet man auch Fotos vom Bau und Einweihung der U-Bahn – auch die Auschwitz-Prozesse sind hier dokumentiert.

Ich habe in diesem Buch so viele interessante Entdeckungen gemacht (u.a. Hitchcock zu Besuch in Frankfurt, 1964 – Bau des Nordwestzentrums – Beschreibungen von Theaterinszenierungen und Filmen/Serien wie die Hesselbachs).

Ein besonderer Moment war, als mein Schwiegervater sich Fotos eines meiner Ausflüge zur Alten Oper und deren Umgebung anschaute und feststellte, dass ich das denkmalgeschützte „Stadtbad Mitte“ auf meinen Fotos eingefangen hatte, so wie es auch in diesem Buch aus dem Jahr 1965 zu finden ist.

Fazit:
Wer mehr aus dem Frankfurt der 1960er Jahre erfahren will, der findet in diesem Buch viel Material mit dem er sich auseinander setzen kann. Wenn man sich die vielen Fotos gemeinsam mit Zeitzeugen anschaut, dann macht das Blättern und Lesen in diesem Buch noch viel mehr Freude. Ich werde mir auf alle Fälle die Ausstellung anschauen!

Bewertung: ***** von *****

Madame Piaf und das Lied der Liebe (Michelle Marly)

Die Geschichte einer kleinen, aber großartigen französischen Chansonnette

Beschreibung des Buches:
Das Buch „Madame Piaf und das Lied der Liebe“ von Michelle Marly ist im Aufbau-Verlag 2019 erschienen. Es ist der 9. Band einer Reihe über „mutige Frauen zwischen Kunst und Liebe“. Der Roman umfasst 418 Seiten. Auf dem Titelbild, das sich von der Gestaltung der anderen 8 Bände wenig unterscheidet, sieht man eine Frau vor dem Triumpfbogen in Paris stehen. Das Titelbild ist mit einem roten, gemusterten Rahmen umrandet, die Schrift ist ebenfalls rot.

Kurze Zusammenfassung:
10 Jahre begleitet dieser Roman die Sängerin Edith Piaf (1937-1947) auf ihren musikalischen Spuren. Nachdem sie 1944 der Kollaboration angeklagt wird, befürchtet sie ein Auftrittsverbot. In dieser Zeit lernt sie den 6 Jahre jüngeren Sänger Yves Montand kennen, den sie unter ihre Fittiche nimmt, um seine Karriere voranzutreiben. Die Zwei werden ein Liebespaar. Er ist ihre Inspiration für DAS Lied, das man mit Edith Piaf verbindet „La Vie en Rose“…

Mein Leseeindruck:
Mir gefällt die Idee, die Geschichte „mutiger Frauen zwischen Kunst und Liebe“ in Romane zu verpacken. So wird Geschichte lebendig und gleichzeitig unterhaltsam. Dies ist allerdings der erste Roman dieser Serie, den ich mir zum Lesen ausgesucht habe.

Der Anfang dieses Romans gefiel mir noch sehr gut. Die Autorin hat einen schönen Sprachstil, die Beschreibungen sind am Anfang recht lebendig, die Charaktere recht gut beschrieben. In den einzelnen Kapiteln gibt es immer mal wieder Rückblicke oder Gedanken, die Edith Piaf manchmal „überfallen“. Diese Textpassagen sind in Kursivschrift gedruckt – so fällt es einem gleich ins Auge, dass es sich hier um Gedankenspiele handelt.

Das Leben in den Kriegszeiten und nach dem Krieg in Frankreich, die Kunst, die Menschen und die Atmosphäre bringt die Autorin nicht ganz so rüber, wie ich es mir vorgestellt hätte. Den etwas exzentrischen Lebensstil, Piafs Liebesleben und ihre Vorgeschichte hingegen wird hier ganz gut in den Roman hineingewoben. So habe ich doch ein paar Details über die Sängerin erfahren, die mir noch nicht bekannt waren.

Leider hat mich das Buch dann ab der Mitte nicht mehr ganz so gepackt. Der Roman plätscherte so dahin. Das merke ich dann immer, wenn ich abends nicht mehr zu meinem aktuellen Buch greife…und fast eine ganze Woche an einem ca. 400 Seiten Buch lese. Man hätte die beiden Sänger durchaus schillernder darstellen können. Piafs Glanzzeiten kommen in diesem Roman irgendwie nicht ganz zur Geltung. Nach Lesen des Romans sind mir in Erinnerung nur die Entstehung ihres berühmtesten Liedes und ihre Liebschaften geblieben – und das ist mir einfach zu wenig.

Fazit:
Die Reihe um Geschichten „mutiger Frauen zwischen Kunst und Liebe“ klingt interessant. Vielleicht lese ich tatsächlich noch den ein oder anderen Roman daraus. Leider hat mich diese Geschichte hier nicht voll überzeugt.

Bewertung: *** von *****

Eine Familie in Deutschland (Peter Prange)

Hautnah erlebte Deutsche Geschichte – eine Familie erlebt die NS Zeit

Ich mag die Bücher des Autors Peter Prange, auch die Verfilmung seines Romans „Das Bernstein-Amulett“ fand ich sehr gelungen. Bisher haben mich seine Bücher sehr beeindruckt.

Beschreibung des Buches:
„Eine Familie in Deutschland“ von Peter Prange ist im Scherz Verlag 2018 als Hardcover mit 672 Seiten erschienen. Ich habe die eBook-Variante gelesen.

Der Autor hat schon einige erfolgreiche Bücher geschrieben, sein erster Erfolg kam mit der deutsch-deutschen Familiengeschichte „Das Bernstein-Amulett“, das 2004 für die ARD verfilmt wurde.
Auf dem Titelbild sieht man einige Menschen beim gemeinsamen Essen im Freien. Das Bild wirkt leicht vergilbt. Es ist im Vintage-Stil.

Es handelt sich um den ersten Band einer Familiengeschichte, dem noch ein zweiter Band folgen soll.

Kurze Zusammenfassung:
Peter Prange erzählt in diesem Roman die Geschichte einer Familie in der NS Zeit (hier von 1933 – 1939)  im Wolfsburger Land (hier in der Stadt Fallersleben, damals noch eine eigenständige Gemeinde). Die Familie Ising lebt von ihrer Zuckerfabrik. Man hat ein neues Haus gebaut, die Kinder Georg, Edda, Charly und Horst sind erwachsen und gehen ihren eigenen Berufen nach. Doch das bisher sorgenfreie Leben ändert sich…

Mein Leseeindruck:
Glücklicherweise habe ich dieses Buch mit seinen vielen Seiten als eBook-Ausgabe lesen können, so konnte ich es auch in die Bahn mitnehmen.

Ich habe den Roman mit sehr viel Neugier, Interesse und Mitleid mit den Charakteren gelesen. Er hat mich teils gefesselt, teils sehr traurig gemacht und mir noch einige unbekannte Details aus der Nazi-Zeit näher gebracht.

Zu Beginn sollte man sich erst einmal ein Bild über die handelnden Personen machen, sonst verliert man leicht den Überblick. Im Anhang findet man hier ein Personenregister.

Der Aufbau des Romans ist chronologisch (1933 – 1939), so dass man das Geschehen gut verfolgen kann. Die Schauplätze wechseln oft, da der Roman jedes einzelne Kind der Familie fokussiert. Die Kinder könnten unterschiedlicher nicht sein.

Die Beschreibungen der einzelnen Szenen sind sehr genau. Man kann sich direkt in die Handlung hineinversetzen. Die „Geschichten“ um die Familie Ising ist sehr facettenreich.

Jedes Kind hat sein ganz besonderes „Problem“. Hier schafft es Prange einen Querschnitt der Bevölkerung Deutschlands in den 1930er Jahren aufzuzeigen.

Während der eine Sohn, Horst, sich als treuer Parteifunktionär darstellt, der auch die eigene Familie nicht verschont, gehen die anderen Kinder eher in ihren erlernten Berufen auf.

Sehr interessant fand ich die Entwicklung rund um den Aufbau der Automobil-Fabrik. Die damalige Stadt Fallersleben wurde dann 1945 in Wolfsburg umbenannt, in der noch heute das VW-Werk steht. In Pranges Geschichte ist der Ingenieur Georg, der Sohn der Familie, mit der Entwicklung des Käfers beschäftigt.

Ein weiterer Erzählstrang legt den Fokus auf die Tochter Edda, die mit der in den 1930er Jahren bekannten Filmregisseurin, -produzentin Leni Riefenstahl zusammenarbeitet und –lebt.

Eine weitere Tochter, die Ärztin Charlotte, ist mit einem Juden verheiratet, der Deutschland und Charlotte verlässt, weil er um sein Leben fürchtet. Charlotte wiederum setzt sich für ihren jüngsten Bruder Willy ein, der unter einer Entwicklungsstörung zu leiden scheint.

Der Schreibstil Peter Pranges begeistert mich sehr. Seine Kunst, die Charaktere so unterschiedlich zu entwickeln, gefällt mir ausgesprochen gut.

Es gelingt ihm, das Leben in Deutschland in der NS-Zeit mit seinen Protagonisten einzufangen und ihnen eine ganz eigene Geschichte zu geben, die für viele Menschen in dieser Zeit steht.

In diesem Roman sind neben einer Liebesgeschichte, die Familiengeschichte und ganz besonders reale geschichtliche Elemente vereint. Er bietet zudem auch noch Spannung, weil man mit den Protagonisten mitleidet und hofft, dass sich alles wieder zum Guten wenden könnte.

Fazit:
Wieder einmal hat mich ein Buch von Peter Prange überzeugt. Der Roman ist sehr gelungen. Er hat mich viele Tage (und Wochen) gefesselt. Man kann ihn nicht einfach so „zwischendurch“ lesen.

Bewertung: *****

 

Drachenmeister – Der Aufstieg des Erddrachen (Tracy West)

Ein Kinderbuch für Erstleser – aber auch schön zum Vorlesen

Beschreibung des Buches:
„Drachenmeister – Der Aufstieg des Erddrachen“ von Tracey West und Graham Howells ist 2018 im Adrian Verlag als Hardcover Buch mit 96 Seiten erschienen. Auf dem farbig gestalteten Titelbild sieht man die Hauptfigur, Drake, mit einem freundlich blickenden Drachen.

Kurze Zusammenfassung:
Drake glaubt nicht wirklich an Drachen, doch schon bald erlebt er, dass es diese wirklich gibt. Man hat ihn und drei andere Kinder auserwählt, Drachen zu trainieren. Werden es die drei Kinder als Team mit Drake schaffen?

Mein Leseeindruck:
Auch wenn ich eigentlich Kinderbücher mit farbigen Zeichnungen lieber mag, gefallen mir die liebevoll gestalteten grauen Zeichnungen in diesem Buch ganz besonders gut – hier entdeckt man viel besser Einzelheiten, weil man sich die Bilder intensiver anschaut.

Die Geschichte wird in kurzen Sätzen erzählt, das kommt Erstlesern entgegen. Sie ist spannend und lebt von dem Zusammenspiel der einzelnen Figuren.

Mir gefällt gut, dass wirklich auf jeder Seite Zeichnungen sind, so fällt das Selbstlesen leichter, aber auch beim Vorlesen finden sich so schöne Ansätze, über die Zeichnungen zu sprechen und Dinge zu entdecken, die man auf den ersten Blick vielleicht nicht gesehen hat.

Zum Schluss gibt es noch „Verständnis“- und Aufmerksamkeitsfragen und eine kleine Zeichenaufgabe.

Ich werde dieses Buch im Rahmen von meiner (ehrenamtlichen) Tätigkeit als Leselernhelferin einsetzen.

Fazit:
Ein gelungenes Buch für Leseanfänger, es gibt bereits ein weiteres „Drachenmeister“-Buch.

Bewertung: ***** von *****