Traumfrau mit Ersatzteilen (Amelie Fried)

Fast wie im richtigen Leben

Cora, die Hauptprotagonistin dieses Romans, ist mir schon in den Vorgängerromanen von Amelie Fried ans Herz gewachsen. So habe ich mich auf den neuen Roman auch sehr gefreut.

Beschreibung des Buches:
„Traumfrau mit Ersatzteilen“ ist 2022 im Heyne Verlag als Taschenbuch mit 414 Seiten erschienen.

Auf dem Titelbild sieht man einen Flamingo stolzieren.

Kurze Zusammenfassung:
Cora wird 60, was erwartet sie noch vom Leben? Plötzlich wird ihr Leben turbulent. Erst eine Diagnose, die ihre Leben verändert. Dann eine Trennung – oder doch ein Neuanfang und wie sieht es mit den (alten) Freundschaften aus? Alles Themen aus diesem Roman.

Mein Leseeindruck:
Amelie Fried schreibt einfach sehr lebendig. Ich mag ihren Schreibstil sehr, gerade wenn es darum geht, sich mit einem Roman entspannt in die Ecke zu verkriechen – oder aber krank im Bett zu liegen und einfach nur in einem Buch zu versinken zu wollen.

Was Cora alles erlebt, wie sie denkt und fühlt, das konnte ich alles sehr gut nachvollziehen, gehöre ich ja fast auch ihrer Generation an. Es hat etwas von einem Deja-Vu, besonders, wenn es um alte Freundschaften geht. Aber auch die Generationskonflikte mit ihrem Sohn und seiner Partnerin konnte ich sehr gut nachvollziehen.

Coras sämtliche Höhen und Tiefen bewegen, trotzdem verliert sie nicht ihren Lebensmut – und das MACHT Mut!

Ich finde, der Roman ist sehr unterhaltsam und hat mich während meiner Krankentage sehr gut unterhalten.

Fazit:
Ein unterhaltsamer Roman, dem noch weitere folgen sollten.

Bewertung: ***** von *****

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Paradies (Amelie Fried)

Gefangen im Paradies

Von Amelie Fried habe ich schon einige Bücher gelesen, die mich sehr unterhalten haben. Auch in dieses Buch konnte ich während eines Adventswochenendes eintauchen.

Beschreibung des Buches:
„Paradies“ von Amelie Fried ist 2018 im HEYNE-Verlag als Taschenbuch mit 432 Seiten erschienen. Das Titelbild zeigt Hibiskus-Blüten, Palmen und einen bunten Vogel, es wirkt auf mich erfrischend und gleichzeitig entspannend.

Kurze Zusammenfassung:
Vier unterschiedlichste Frauen treffen auf einer Insel zusammen. Alle haben sie ein Seminar mit Meditation, Yoga, Körperarbeit und Selbsterfahrung im Hotel Pareiso gebucht. Nach dem ersten Kennenlernen auch der anderen Teilnehmer, stellt sich schnell heraus, dass diese Woche nicht nur entspannend, sondern auch spannend wird. Als dann noch ein Sturm die Insel vom Festland abschneidet und das Hotelpersonal plötzlich verschwindet, ist die Gruppe auf sich allein gestellt, wie in einer einsamen, eingeschneiten Skihütte…

Mein Leseeindruck:
Amelie Fried hat einen sehr lebendigen Schreibstil, so dass man sich sofort in die Geschichte hineinliest. In ihrem Roman hat sie sich vier sehr unterschiedliche Frauen herausgegriffen, auf die sie den Fokus gesetzt hat.

Sie bedient sich in diesem Roman so einiger aktueller Themen und Klischees. Da gibt es die Flüchtlingshelferin und Weltverbesserin, die verlassene Ehefrau, die Geliebte, den Witwer und die leicht „verrückt“ wirkende „Engelkennerin“.

Man findet an jeder beschriebenen Person Eigenschaften, die man auch an Personen im eigenen Umfeld beobachtet. In die ein- oder andere Person kann man sich sehr gut hineinversetzen, ist sie einem selbst doch sehr ähnlich.

Eine Gruppe gefangen auf einer Insel zeigt ihr „wahres“ Gesicht. In einer solchen Extremsituation kann sich keiner mehr verstellen, deshalb wird auch die „Geschichte“ von Seite zu Seite spannender. Wie werden sich die Konflikte auflösen? Gibt es eine glückliche Zukunft für jeden Teilnehmer?

Die Charaktere sind mit viel schriftstellerischem Können dargestellt, man sieht sie genau vor sich.

Fazit:
Amelie Fried ist ein Roman mit Tiefgang, gesellschaftspolitischen Themen und gleichzeitiger Unterhaltung gelungen. Gleichzeitig ist er auch noch spannend wie ein Krimi.

Bewertung: **** von *****

Ich fühle was, was du nicht fühlst (Amelie Fried)

Ein sehr bewegendes Buch – eine Familiengeschichte einer besonderen Generation (70er Jahre)

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Von Amelie Fried habe ich schon mehrere Frauenromane gelesen, doch dieses Buch ist so ganz anders, tiefsinniger, mit viel Gefühl und unheimlich bewegend…

Beschreibung des Buches:
„Ich fühle was, was du nicht fühlst“ von Amelie Fried ist 2016 im Heyne Verlag als Taschenbuch mit 399 Seiten erschienen. Auf dem Titelbild sind bunte Aquarellflecken zusehen. Ich finde, dieses Bild passt sehr gut zum Inhalt, es drückt die intensiven und vielfältigen Gefühle der Hauptprotagonistin India aus.

Kurze Zusammenfassung:
Die Geschichte spielt in den 70er Jahren im Schwäbischen. Die 13jährige India wächst mit ihren Hippie-Eltern und ihrem 17jährigen Bruder Che in einer Kleinstadt auf. Ihre mathematischen Fähigkeiten und ihr Verständnis von Musik machen sie zu einer Außenseiterin. Sie fühlt ihr Anderssein fast in jeder Situation. Dabei hilft ihr das Elternhaus leider wenig, denn ihre Eltern sind sehr mit sich selbst beschäftigt. Der Vater, ein nicht gerade erfolgreicher Schriftsteller und die Mutter, die sich mit seltsamen Veranstaltungen in den eigenen vier Wänden zum Gespött der Nachbarn macht. Der Bruder lehnt sich gegen das Elternhaus auf, India findet Erfüllung beim Klavierspielenlernen im Nachbarhaus bei Lehrer Christian. Als Christian ihr zu nahe kommt, ändert sich alles. Soll sie ihn verraten oder schweigen?

Mein Leseeindruck:
Dieses Buch hat mich sehr berührt. Zuerst dachte ich, ich hielte ein Jugendbuch in der Hand. Jetzt, nachdem ich es komplett gelesen habe, würde ich es eher unter der Kategorie Familiengeschichte einordnen, mit Tendenz zu einem Drama:

Die Geschichte der 13jährigen India ist aus der Sicht des jungen Mädchens erzählt. Ihre ganzen Gedankengänge, ihre tiefen Empfindungen beim Hören von Musik und ihre permanenten mathematischen Berechnungen, die auch mit bestimmten Farbvorstellungen durchsetzt sind, bei allem was sie so erlebt, lassen vermuten, dass es sich um einen ganz besonders sensiblen Menschen mit einer Hochbegabung für Mathematik und Musik handelt. Amelie Fried hat hier die Fähigkeit des  „Mitempfindens“ oder „zugleich Wahrnehmens“, und zwar der  Synästhesie, beschrieben. Es handelt sich hierbei um die Kopplung zweier oder mehrerer physisch getrennter Bereiche der Wahrnehmung.

India erlebt alles mit viel deutlicher Intensität als das Mädchen in ihrem Alter tun. Sie beobachtet viel, ordnet ein und zieht ihre eigenen Schlüsse. Ihr ganzes Verhalten machen sie zu einer Außenseiterin, die zwar anderen gerne auch gefallen würde, aber in ihren Zwängen verwurzelt ist. Dass ihre Eltern so ein unstrukturiertes und eigenes Leben neben ihren Kindern leben, kaum Grenzen setzen, die Gefühle ihrer Kinder nicht wahrnehmen, das entfremdet India immer mehr vom Elternhaus. Als der Bruder sich plötzlich auflehnt, flüchtet auch India sich in die Musik.

Mich hat das Buch sehr beeindruckt und stark mitgenommen. An manchen Stellen habe ich regelrecht Gänsehaut bekommen und gedacht, „das darf doch nicht wahr sein“.  Mich hat besonders betroffen gemacht, dass die eigenen Eltern der Tochter keinen Glauben schenken, die schreckliches erlebt hat. So wie es sicherlich in unzähligen Familien noch heute passiert und passiert ist. Viele Geheimnisse kommen erst nach Jahren zu Tage, vorher haben sie so manches Leben zerstört.

Hier ist eine ganze Menge Stoff eingebunden, den man erst einmal verarbeiten muss. Da gibt es die „sonderbaren“ Eltern, den Bruder, der sich, weil er zuhause kaum auf Interesse stößt, einer rechten Gruppe anschließt und India, die vom Nachbarn unsittlich berührt wird.

Amelie Fried hat Indias Gedanken so wunderbar formuliert, man kann sich so richtig in das junge Mädchen hineinversetzen. Die Beschreibungen der Familienverhältnisse, der geschichtlichen Gegebenheiten in den 70er Jahren und die Wünsche einer ganzen Generation sind in diesem Buch auf besondere Weise herausgearbeitet. Vieles kann ich gut nachvollziehen, da auch ich in den 70er Jahren aufgewachsen bin.

Fazit:
Wer sich wieder in die 70er Jahre zurückversetzen möchte, einen gefühlvollen Roman lesen will und nicht abgeneigt ist, Geschichte zu verarbeiten, der sollte diesen Roman lesen, allerdings ist es kein leichter Lesestoff, er nimmt einen ziemlich mit. Ich würde dem Buch wünschen, dass es weiter vorn auf den Bestsellerlisten stehen würde als es derzeit steht.

Bewertung: *****