Generationenkonflikt auf humorvolle Weise in einem Roman verarbeitet – toll
„Am Ende ist das Gestern egal“, genauso ist es – das kann man als Mitglied der Generation zwischen „ganz jung“ und „ganz alt“ nachvollziehen und bei sich selbst beobachten.
Beschreibung des Buches:
„Bin noch da“ ist 2020 im rowohlt-polaris Verlag als Taschenbuch mit 448 Seiten erschienen. Der komplette Buchumschlag ist in Rot gehalten. Auf dem Titelbild ist eine schwarz gestaltete Person in Schräglage zu sehen, die sich gegen einen Ventilator zu stemmen scheint.
Kurze Zusammenfassung:
Der Enddreißiger Moritz Liebig lebt sein Leben mit Frau, Kind und einem gut gehenden Café als plötzlich ein etwas verwahrloster Herr auftaucht, den er als seinen Vater erkennt. Mit 18 hat Moritz sein Elternhaus verlassen und nie mehr Kontakt mit seinen Eltern gesucht. So weiß er auch nicht, dass seine Mutter 3 Monate zuvor verstorben ist. Der Vater hat seinen Lebenswillen verloren und möchte eigentlich nur noch sterben. Dabei soll ihm Moritz helfen. Die Verbitterung des Vaters macht es dem Sohn allerdings schwer, ihn überhaupt zu unterstützen – die für ihn nicht schönen Kindheitserinnerungen kommen alle wieder hoch…
Mein Leseeindruck:
Ich konnte mich von Anfang an in die Person des Sohnes hineinversetzen. Einiges gleicht meinen eigenen Erlebnissen in der Kindheit als auch die Erlebnisse mit meinem Vater.
Die Geschichte ist rührend, traurig und doch so real zugleich. Während die aktuellen, meist komischen, aber auch merkwürdig skurrilen Situationen beschrieben werden, gibt es immer wieder Rückblicke in die Kindheit von Moritz. Dabei sieht man ganz klar, dass Freunde das Leben lebenswert machen, wenn sie zueinander halten und füreinander da sind. Auch wenn das Elternhaus aus Unkenntnis oder eigenen schlechten Erfahrungen in der Kindheit den eigenen Kindern gegenüber nicht die nötige Geborgenheit bieten, so können Freunde durchaus ein Ersatz sein.
Mich hat dieser Roman sehr berührt. Er lebt von den lustigen, aber auch traurigen Ereignissen und davon, dass trotzdem die Verbitterung nicht auf allen Seiten besteht. Nur eine „intakte“ Beziehung zum/r eigenen Partner/in als auch zu Freunden kann den Generationenkonflikt auffangen, dem manche Menschen ausgeliefert sind. Mit Humor und Verzeihen geht viel. Nicht jeder aber kann das.
Manche Szenen musste ich meinem Mann einfach vorlesen, manchmal, weil wir ähnliches tagtäglich erleben, manchmal, weil es einfach so amüsant war, diese Stellen zu lesen, dass ich sie ihm nicht vorenthalten konnte.
Fazit:
Ein sehr realistischer Roman, der den Generationenkonflikt zum Thema hat. Dabei kommt der Humor nicht zu kurz und man hat amüsante Lesestunden, die einen mit dem eigenen Schicksal versöhnen (können) – „anderen geht es ja ähnlich“!
Bewertung: ***** von *****