Leben oder gelebt werden: Schritte auf dem Weg zur Versöhnung (Walter Kohl)

Eine sehr persönliche Biografie

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Ich lese gerne Biografien oder Lebensgeschichten über und von Menschen.

Walter Kohl ist der älteste Sohn vom ehemaligen Kanzler Helmut Kohl. Sein Buch „Leben oder gelebt werden“ ist mir eher durch Zufall in die Hände gefallen. Das Titelbild sprach mich nicht wirklich an. Musste es auch nicht, es war der Titel, der mir ins Auge sprang. Auf 272 Seiten wird die zentrale These „Leben oder gelebt werden“ erörtert.

Walter Kohl berichtet sehr persönlich schon über seine jüngste Kindheit im Hause eines Bundeskanzlers, seine Jugendjahre, Studium bis in die heutige Zeit. Dabei geht er sehr kritisch mit sich selbst, aber auch mit der Lebensweise seiner Eltern um. Den Vater empfindet er mehr als Parteimensch denn als Familienvater. Die Mutter ist die Managerin der Familie, stellt ihr Leben in den Dienst der Familie. Die Kinder haben sich der Karriere des Vaters zu fügen. Sie werden „gelebt“.
Das Buch ist keine „Abrechnung“ mit seinem Vater.

Das Buch ist in der Ich-Form geschrieben. Mich hat der sehr persönliche Stil von Walter Kohl sehr berührt. Er hat sehr intime familiäre Erlebnisse (z.B. das Auffinden seiner toten Mutter) geschildert. Sein Schreibstil gefällt mir. Das Buch ist leicht zu lesen, aber es berührt einen sehr. Regt zum Nachdenken an. Das Leben eines Politikerkindes erscheint mir nach diesem Buch sehr eingeschränkt. Es fehlt die Freiheit in der Lebensführung.

Walter Kohl hat seinen Frieden mit seinem Vater geschlossen, nachdem er sich zunächst von ihm „entfernt“ hatte. Er lebt endlich sein eigenes, glückliches Leben.

Fazit:
Ein sehr empfehlenswertes Buch.

Bewertung: *****

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Die linke Hand des Teufels (Ein Enrico-Radeschi-Krimi, Band 1) ( Paolo Roversi)

Italienischer Krimi

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Beschreibung des Buches:
Der italienische Krimi „Die linke Hand des Teufels“ von Paolo Roversi ist im list-Verlag erschienen. Er hat 315 Seiten. Es handelt sich um einen so genannten Provinzkrimi oder auch Regionalkrimi. Die Handlung spielt in Norditalien in einem Dorf namens Capo di Ponte Emilia.

Das Titelbild zeigt einen italienischen Tabakladen, eine Art Kiosk auf italienisch. Es ist für einen Krimi ansprechend gestaltet.

Kurze Zusammenfassung:
In dem norditalienischen Dorf passiert ein Mord. Zuvor wurde dem Opfer eine abgetrennte menschliche Hand als Warnung zugeschickt. Diese war jahrzehntelang in einem Kühlhaus aufbewahrt. Die Polizei ermittelt, kommt aber nicht so recht weiter. Es wird der bekannte Mailänder Journalist Enrico Radeschi zu Rate gezogen, da er aus dem kleinen Ort stammt. Sein Markenzeichen. Computerspezialist. Er forscht und findet Hinweise, die in der Vergangenheit seines Heimatdorfes zu finden sind.

Mein Leseeindruck:
Ein italienischer Krimi, ich hätte es wissen müssen, ist wohl doch nicht so mein Fall. Zunächst kam ich gut in die Geschichte hinein. Las täglich mehrere Seiten, doch nach und nach verwirrten mich die vielen italienischen Namen und Örtlichkeiten. Die Ideen und Verstrickungen bezüglich der Morde, Mordopfer und Beziehungen gefielen mir eigentlich ganz gut. Was mich störte war, dass in diesem Krimi ausschließlich Männer in den Fällen ermitteln. Frauen kommen auch als Nebendarstellerinnen nur wenige vor. Ausnahme die ‚Beziehung‘ des Journalisten zu einer jungen Nachbarin. Das etwas schrullige Verhalten der Männer mit ihren unterschiedlichsten Haustieren, es spielt das Gürteltier Gatsby mit, gefiel mir, lockert die ganze Geschichte etwas auf. Allerdings finde ich die Beziehungen der Opfer nicht gut herausgearbeitet oder es ist mir schlicht entgangen, weil ich mich ständig darauf konzentrieren musste, von welcher Person gerade die Rede ist (wegen der italienischen Namen).

Fazit:
Wer den italienischen Krimi a la „Donna Leon“ liebt, der ist bei diesem Krimi, der wohl den Einstieg in eine ganze Serie sein soll, genau richtig. Ich fühlte mich weniger gefesselt.

Bewertung: ***

Du Opfer!: Wenn Kinder Kinder fertigmachen (Mechthild Schäfer)

Hilfe für Eltern (nicht nur für Mobbingopfer)

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Durch Zufall bin ich auf dieses Buch gestoßen, ohne Anlass. Mich hat das Thema interessiert, da unser Sohn vor 2 Jahren Opfer von Mobbing wurde. In dem Buch ließ sich herauslesen, dass wir instinktiv das „Richtige“ gemacht haben. Unser Sohn ging gestärkt aus dieser Situation heraus, vielleicht gerade, weil wir als Eltern ihn zuhause bestärkt haben, er einen festen Halt hatte, aber ansonsten uns „öffentlich“ zurückgehalten haben. Wir haben, wie im Buch beschrieben, die Institutionen genutzt (Lehrer, Elternbeiräte, evtl. Klassensprecher), um auf die Situation in der Klasse aufmerksam zu machen. Nie sind wir vor Ort mit dem „Täter“ in Verbindung getreten. Später haben wir ihn kennengelernt und waren überrascht, wie ein so „unauffälliges und blässliches Kind“ es geschafft hat, mehr als die Hälfte der Klasse gegen unseren Sohn zu mobilisieren.

Das Buch beschreibt in 8 Kapiteln anhand von persönlichen Beispielen, wie es zu Mobbing kommen kann. Oft nimmt das Ganze eine Eigendynamik an, die es gilt rechtzeitig zu bremsen.

Die in den einzelnen Kapiteln beschriebenen Fälle sind anschaulich beschrieben. Man kann den Prozess des Mobbings nachvollziehen und erkennt, dass es jeden treffen kann, so wie „zur falschen Zeit, am falschen Ort“. Es kommt auf das Umfeld (Eltern, Familie, Lehrer) an, wie sich das Ganze entwickelt. Oftmals sind es die Opfer, so wird berichtet, die z.B. auf andere Schulen ausweichen müssen und dort wieder der Gefahr des Mobbings ausgesetzt werden, wenn sich an ihrer eigenen Situation (schwaches Selbstbewußtsein) nichts geändert hat.

Die Autorinnen geben am Ende jedes Kapitels in eine kurze Zusammenfassung. Dies erleichtert ein eventuelles „Querlesen“

Mir haben besonders die beschriebenen Fälle „gefallen“, d.h. man konnte sich richtig in die Situationen hineinversetzen und kam schon meist selbst zu einer „Lösung“.

Ich kann das Buch nur allen Lehrern und Eltern empfehlen.

Bewertung: *****

Altwerden ist nichts für Feiglinge (Joachim Fuchsberger)

Demütiger und bescheidener Entertainer

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Dieses Buch hatte ich in zwei Tagen verschlungen. In bescheidener Manier, ohne den Zeigefinger zu heben, erzählt Joachim Fuchsberger (Blacky) aus seinem Leben. Er beschreibt liebevoll sein Verhältnis zu seiner Frau (seine Regierung) und zu seinem (leider so früh verstorbenen) Sohn. Dabei blieb und bleibt er immer auf dem Boden der Tatsachen. Die Vergleiche vom Früher und Heute fallen nicht verbissen aus, sondern er kann allem Geschehen etwas letztendlich Positives abgewinnen, nach dem Motto „Steh auf, wenn Du gefallen bist!“. Mach das Beste aus der aktuellen Situation und schau nicht nach hinten….
Er verteufelt nicht die Jugend, sondern versucht ein Vermittler zwischen Jüngeren und Älteren zu sein und auch von den Jüngeren „zu lernen“.

Mir hat das Buch sehr gut gefallen, bin ich doch mit Fuchsberger als Entertainer und Schauspieler (Das fliegende Klassenzimmer habe ich als Kind sehr gerne gesehen) „aufgewachsen“, zähle mich zur Mittleren Generation und wagte mich trotzdem an das Buch heran.

Was ich nicht wußte, Fuchsberger ist ein leidenschaftlicher Koch (und natürlich Genießer) und hat in der Familie (Ehe) die Küche unter seiner Führung. Auch das zu lesen hat mir imponiert.

Das Buch ist in einer etwas größeren Schrift als gewöhnlich aufgelegt.

Bewertung: *****

Jeden Tag, jede Stunde (Natasa Dragnic)

Lebenslange Liebe

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Das Buch „Jeden Tag, jede Stunde“ von Natasa Dragnic ist erschienen im DVA Verlag. Es ist ein Hardcover-Buch mit 278 Seiten. Der Einband zeigt eine junge Frau am Meer.

Es geht dabei um die Liebes-/Lebensgeschichte von Luka und Dora. Beide Ende der 50iger, Anfang der 60er Jahre im ehemaligen Jugoslawien geboren. Die beiden lernen sich in frühester Kindheit kennen und lieben. Es ist eine außergewöhnliche und frühe Liebe. In ihrer Jugendzeit zieht Dora mit ihren Eltern nach Paris und verlässt somit Luka. Die beiden kommen nie voneinander los und treffen sich mehrmals in ihrem Leben wieder. Ihr Leben wird bis in die heutige Zeit begleitet und beschrieben mit all seinen Höhen und Tiefen.

Der Schreibstil der Autorin ist gewöhnungsbedürftig. Ihre Sätze sind kurz, aber prägnant. Gerade deshalb strahlt das Buch zunächst eine solche Leichtigkeit aus. Die Kapitel, es sind 40 an der Zahl, sind übersichtlich aufgeteilt. Der Roman beginnt ungewöhnlicher Weise bei Kapitel 40 als Prolog. Die Sicht auf die beiden Protagonisten wechselt die Autorin meist nach einem Absatz. Sie nutzt diese Aufteilung um zu berichten, wie es dem Anderen zur gleichen Zeit ergeht.

Das Lesen des Romans hat mir Spaß bereitet. Er ist so schwungvoll und locker geschrieben. Es machte von Seite zu Seite mehr Freude zu lesen, wie die zwei Protagonisten miteinander umgehen. An manchen Stelle würde man gerne in das Buch springen und den ein oder anderen aufrütteln …

Zwischenzeitlich hat man das Gefühl es könne sich ein Krimi entwickeln, aber, falsche Fährte. Es handelt sich bei dem vorliegenden Roman eindeutig um einen gelungenen Liebesroman, eher einen Roman um die Liebe, um die Seelenverwandtschaft zweier Liebender.

Fazit: Mal ein Liebesroman der anderen Art.

Bewertung: ****